Learning
Anders schlau?
Über die andere Art der Intelligenz
Redaktion / 11/27/2024
Persönlichkeit
Gesundheit
Gut oder schlecht, groß oder klein, dick oder dünn – ganz ungeachtet der vielen Nuancen die dazwischen liegen. Insbesondere unsere Fähigkeiten werden gerne und häufig numerisch übersetzt: in Noten und andere Bewertungssysteme (meine Abrechnung mit dem Bildungssystem lest ihr hier), wie zum Beispiel dem Intelligenzquotienten (IQ). Ich langweile euch jetzt nicht mit Ausschweifungen über Konfidenzintervalle, Retest-Reliabilitäten und Psychometrie. Nur so viel:
Fakt ist außerdem, dass die Intelligenz, die in solchen Tests erfasst wird, nur einen Teil unserer Fähigkeiten, nämlich die kognitiven darstellt, und dabei oft lediglich sprachbasiert (also nicht gerade barrierefrei) und wenig kultursensibel ist. Die Erfassung der emotionalen Intelligenz, die für den Erfolg im Beruf (und im Leben allgemein) genauso wichtig ist, wie die kognitive, fällt in IQ-Tests unter den Tisch.
Der Intelligenzbegriff ist stark mit akademischem Erfolg assoziiert, dabei bedeutet das lateinische Wort übersetzt eigentlich nur erkennen, einsehen, verstehen, wörtlich sogar wählen oder lesen zwischen. Für die emotionale Intelligenz kann also darin die Bedeutung des zwischen den Zeilen Lesens hineininterpretiert werden, des Erkennens dessen, was unter der Oberfläche des rein Beobachtbaren liegt – quasi das, was man spüren muss, um es zu erkennen.
Anders als die ursprüngliche Definition vermuten lässt, geht es also nicht nur darum, Gefühle anderer wahrzunehmen, zu verstehen und zu beeinflussen, sondern bei sich selbst anzufangen, Gefühle nicht zu verdrängen, sondern sie zu erkennen und zu akzeptieren, sie angemessen zu steuern und im Sinne der Selbstmotivation zu nutzen.
Die gute Nachricht ist an dieser Stelle: Im Gegensatz zur kognitiven Intelligenz, die im Erwachsenenalter relativ stabil ist und (anders als uns Gehirnjoggings weißmachen wollen) nicht trainiert werden kann, kann emotionale Intelligenz durchaus erlernt und verbessert werden.
Das geht zum Beispiel, indem wir uns regelmäßig Zeit nehmen, in uns selbst hineinzuhorchen und uns zu fragen, wie es uns gerade eigentlich wirklich geht. Dafür gibt es zahlreiche Gefühlsinventare, die dabei helfen können, dem „wie es mir gerade geht“ einen Namen zu geben.
Wenn ich das benennen kann, wird es mir in herausfordernden Situationen leichter fallen, konstruktiv mit meinen Emotionen umzugehen und lösungsorientiert zu bleiben – eine Fähigkeit, die bedeutsam für die Resilienz ist. Auch das eigene soziale Netzwerk in solchen Situationen zu nutzen (was ebenfalls der Resilienz zugeschrieben wird) hilft uns, uns weniger allein zu fühlen, und mit den großen und kleinen Problemen des Alltags fertigzuwerden.
Und dennoch beginnt emotionale Intelligenz bei uns selbst. Wenn wir sie trainieren, schaffen wir dann auch tiefere Verbindungen - nicht nur mit uns selbst, sondern auch mit unseren Mitmenschen. Sie macht uns nahbar (nicht schwach!).
Maria-Elena Zavrakidou
Juniortrainerin und Projektassistenz
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